Freitag nachmittag bewegten wir uns trotz anhaltendem, in Intensität schwankendem Regen durch die Stadt, beschauten die alten holländischen Kolonialbauten, die Überbleibsel der ursprünglichen portugiesischen Kirche und landeten gegen Abend in Chinatown, wo der nightmarket um uns herum aufgebaut wurde. Essen, Bierchen, Plunder schauen, noch was essen etc. Auf dem Weg nach Hause kamen wir nicht umhin dem, im Guiness-Buch der Rekorde eingetragenen Kokosnuss-mit-einem-Finger-Aufpickser bei seiner Karate-/Verkaufshow zuzuschauen. Bzw. mitzumachen, weil David vom freundlichen 53-Jährigen in gewohnt jovialer Jahrmarktsmanier für diese und jene Mitarbeit herangezogen wurde. Die Kokosnuss wurde dann tatsächlich nach etwa eineinhalb Stunden nach kurzer Chi-Sammlung aufgemacht. Leider hatten wir keinen Strohhalm dabei, sonst hätten wir vielleicht was abbekommen.
Verkauft wurden Einreibungen gegen Muskel-/Gelenkschmerzen, deren Wirkung hauptsächlich auf ätherische Öle zurückzugehen scheint, die die Haut ein wenig kühlen - ob das was mit Gelenkschmerzen zu tun hat sei dahin gestellt. Außerdem enthält das Zeug Terpentinöl - als Substanz zur Streckung von ätherischen Ölen bekannt. Ehrlich gesagt scheint diese Art der Kur für allerlei Zipperlein zunächst nicht weiter schädlich zu sein, im Kontext aber gesehen, ist die traditionelle Medizin (was auch immer dieser Begriff alles beinhaltet) in dieser Gesellschaft sehr wirkmächtig, oder anders ausgedrückt, wenn Brustkrebs nach Entdeckung zunächst erst mit solchen Mitteln behandelt werden, bis dann die Menschen mit nicht mehr therapierbaren Stadien doch noch ins Krankenhaus kommen, dann schadet es doch deutlich. Leider ist so wie ich das bis jetzt sehe keine wirkliche Kommunikation zwischen den verschiedenen Therapeuten erreicht, so dass immer nur über die "Anderen" geredet wird, ohne die jeweiligen Wirk- oder Therapiebereiche zusammenzufassen.
Kungfu-David
Dann baden. Noch kein bebadbares Meer gesehen hier und es war mal Zeit. Deswegen sind wir zur Pulau Besar übergesetzt, eine kleine, vielleicht 1-2 km lange Insel mit wunderschönen Stränden. Wir hatten die ganze Zeit eigentlich Besuchermassen erwartet, weil gerade die großen Schulferien sind in Malaysia, aber eigentlich war alles recht ruhig, insbesondere diese Insel auf der neben einem fast völlig verlassenen Resort und ein Paar Essständen nur ein moderat besuchter Campingplatz und der vermutlich skurrilst gelegene Golfplatz der Welt eine Nische in den Dschungel geschlagen haben. Das Wasser war leider zu trüb um Fische zu sehen, einen kleinen, weniger zentimetergroßen, schwarz-gelb gestreiften Begleiter hatte ich beim Herumschwimmen immer direkt unter meinem Gesicht. Ansonsten tauchten zweimal kurz große Meeresschildkröten auf. In Stichworten: Papayas essen vom Baum, natürlicher Sprungturm am etwa 26°C warmem Wasser (ein Fels), Mimosen und Kokosnusspalmen all überall, Sonnenbrand (wird fürderhin strikt verhindert).
Heute bei brütender Hitze - wieder so ein Tag an dem die Grenze zum Hitzschlag fast erreicht war - die sogenannte Harmony street in der sich indische, chinesische und muslimische Gotteshäuser aufreihen, Spaziergang durch Little India und eine langärmelige Korta gekauft (Hemd, s.u.), Besuch des größten außerhalb Chinas befindlichen Grabhügels (meist auf Hügeln, des Feng Shuis wegen) Bukit Cina. Zwischendurch immer wieder Flüssigkeit nachgefüllt bis wir nicht mehr konnten und weil uns vor lauter Sonnenbrand, Schweiß und Sonne nichts mehr eingefallen ist und wir uns auf den Heimweg gemacht haben.
Auf dem Grabhügel - ob das Feng shui des Hutes stimmt weiß ich noch nicht so genau...
Noch ein Wort zur malayischen Freundlichkeit: (also zwei) Am Freitag ist irgendwann zu Beginn unseres Spazierganges ein Mann zugekommen, der obschon ein deutlicher Alkoholiker, der uns gerne zu einem Bier einladen wollte, und obwohl er mit häufigen Pausen nur langsam gehen konnte (Schaufensterkrankheit), mir dieses und jenes über die Stadgeschichte erzählt hat. Ich war etwas besorgt, wie ich ihm wohl ohne verletzend zu sein klar machen könnte, dass wir gerne etwas flotter uns umsehen wollen würden, und dass wir ihn dazu verlassen müssten - bis er genau im richtigen Moment gesagt hat, er würde jetzt ein Bier trinken gehen und uns alleine lassen. Also überhaupt kein klebrige Heranmache um möglicherweise noch ein Bier von den Damen und Herren Touristen abzustauben, sondern einfach wirkliches Interesse und Mitteilungsbedürfnis. Die zweite Gelegenheit ergab sich zur Nachtzeit, als ich Andrea und David noch nicht ins Guesthouse folgen, sondern nochmal ins Nachtleben loswollte. Ich bin also ein paar Meter gegangen um dann in eine hinreichend volle Bar einzuschwenken. Dort habe ich ein Bierchen bestellt und ein paar Minuten Bundesliga geschaut (Berlin-München, Endstand 0:0). Es haben zwei Malayen Pool gespielt und also habe ich einfach mal den Gewinner gefordert und tatsächlich mein Spiel bekommen und auch gewonnen. Die 3 Ringit durfte ich natürlich nicht bezahlen, und ich wurde zur Theke hinüberkomplimentiert, wo mein Poolkollege saß. Er hatte da einen Pitcher Bier stehen, der mir gleich großzügig zu Teil wurde, genauso wie der zweite Pitcher (den ich unter Protesten bezahlen durfte), und alsbald der dritte, zu dem ich mich wieder einladen ließ. Währenddessen habe ich herausgefunden, dass ich es mit einem Polizisten aus dem Norden des Landes zu tun hatte, der hier Urlaub machte, und einige Angestellte aus der Bar noch von zu Hause kannte - so gut, dass wechselnde Damenbesetzungen sich auf seinem Schoß tummelten. Jedes zweite Lied war Karaoke und erstaunlicherweise konnte jeder der Gäste hingebungsvollst und wirlich gut singen. Ich habe mich standhaft gewehrt - getanzt habe ich dann aber trotzdem. Auch hier wieder eine Offenheit und ein "We only see each other today", ein Gefühl von glücklichem Zufall, der mich und ihn gerade am gleichen Abend in Melaka an den gleichen Ort geführt hatte, was zunächst möglicherweise etwas skeptisch oder ängstlich zurückhaltend macht, dann aber immer und immer wieder sich auflöst ihn eine stirnrunzelnde Selbstbetrachtung: Warum fällt es mir so schwer Freundlichkeit, Gastfreundlichkeit und spontanes Interesse an mir und meinen Umständen einfach anzunehmen und zurückzugeben? (Abgesehen davon, dass es natürlich auch hier die Taschendiebe gibt, derentwegen man nicht von Alkohol und Gastfreundlichkeit besoffen allein auf weiter Flur, naiv herumspazieren sollte).
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