Deswegen also ganz Geschichte - eine neue Gesellschaft, die sich fast ganz neu erfinden muss, die ihre Akademiker wieder langsam Stück für Stück ausbilden muss und die einen eigenen Rhythmus wieder finden muss liegt wie ein ganz dünner Schleier über den Skeletten der letzten 40 Jahre. Viele junge Menschen gibt es, nur wenig ältere und die haben dann alle diese oder jene Erfahrung mit den roten Khmer gemacht - auf alle Fälle haben sie überlebt, was insgesamt nur der Hälfte der Kambodschaner gelungen ist.
Ein Vakuum also von Lebensgefühl - oder besser ein Unterdruck. Und natürlich: Was eignet sich besser zum Stopfen von solchen Löchern des Begehrens als Ideologie, nehmen wir zum Beispiel die unsere, westliche. Es geht jetzt also darum Geld zu verdienen, um Computer und Internet, um Discos und Bars, um Air-Conditioning und Tourismus. Und wir mittendrin. Mit Geld. Viel, viel Geld. D.h. wir als Touristen hinterlassen Devisen (fürs Tuk-tuk, fürs Essen und andere Dienstleistungen), wir geben also einem sehr armen Menschen Geld, damit er sich möglicherweise um seine Familie kümmern kann, damit er aber auch die Bedürfnisse befriedigen kann, die es gar nicht gäbe, wären wir nicht da. Krude zusammenformuliert jedenfalls. Ständig ist man von Leuten umgeben, die einem Dinge für Geld verkaufen wollen oder anbieten und ständig findet man sich dabei wieder wie man Menschen für eine 45-minütige Tuk-tuk Fahrt von 4 auf 3 Dollar herunterhandelt oder dann doch irgendwann die 500. einem angebotenen Garuda-Figur für "One Dalla" abnimmt, um Ruhe zu haben. Einfach nur so Geld zu geben kann ich mir dann doch nicht leisten, auch wenn man alle 20 Meter eine arme Mutter mit Kind auf dem Arm trifft, die einen traurig anschaut.
Und abschließend einen noch zur Freundlichkeit - mal wieder: Die Menschen, die wir erlebt haben in Kambodscha waren alle sehr freundlich und hilfsbereit uns gegenüber. Ich bin mir diesbezüglich ziemlich sicher - es gibt zwei Gründe: Wir hatten das Geld und die Umgang miteinander ist in Kambodscha wichtiger und deswegen gepflegter als bei uns, man ist einfach freundlich und höflich - außer man ist kurz vor dem Verhungern. Mit dieser Mischung an angenommenen Gründen für die Gastfreundschaft allerdings umzugehen ist nicht so einfach, z.B.: Am letzten Abend trafen wir einen Khmer (das sind die Einwohner Kambotschas - nicht erschrecken und nicht mit der politschen Bewegung "Khmer Rouge" verwechseln...), der vom Land nach Siem Reap gezogen im Guesthouse arbeitete, aber eigentlich lieber wieder zu Hause bei den Eltern mit dem Reis helfen würde. Er hat nebenher auf die Tochter vom Besitzer aufgepasst und wir haben uns so unterhalten - er hat sich mit zu uns gesetzt, wir haben Bier getrunken und wir haben über das Leben und die Schwierigkeiten, auch die finanziellen gesprochen. Während ich es oft schwierig finde, einem Bettler der mich einfach so anspricht Geld zu geben, so hatte ich bei ihm den Impuls es zu tun, einfach um ihm zu helfen - aber dieser Akt des "Spendens" ist so kompliziert, dass ich mich bemüßigt sah nicht allzuviel darüber nachzudenken. Denn weder wollte ich meine Position, und das Gefälle zwischen unseren Positionen verstärken, noch wollte ich ihm das Gefühl geben, ich würde ihn für seine Gesprächsbereitschaft und für sein mit uns Dasein bezahlen wollen. Im Endeffekt denke ich gibt es für mich in dieser Position überhaupt keine denkbare Möglichkeit Geld unproblematisch zu geben. Wir haben dann auch noch was ganz besonders delikates von ihm bekommen - aber dazu später mehr.
Das Independence Monument in Phnom Penh.
Strandburgenbauen in Sihanoukville.
Und das südliche Eingangstor zu Angkor Thom, der jüngsten Tempelstadt der angkorianischen Anlagen.
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