Freitag, 8. Februar 2008

Neujahr bei der himmlischen Mutter

Die himmlische Mutter oder Thean Hou ist die Namensgeberin für einen der größten buddhistisch-taoistischen Tempel in Malaysia. Er liegt sehr schön gelegen Nahe dem Zentrum auf einem Hügel von dem aus die Stadt zu überblicken ist. Wir hatten uns den Tempel schon einmal zuvor angeschaut. Damals ist uns aufgefallen, dass zu Neujahr hier eine 15-tägige Veranstaltungsreihe, beginnend mit dem Hereinlassen des Gottes des Wohlstandes stattfinden würde. So haben wir uns also so gegen elf Uhr abends am 6.2. abends dorthin begeben. Der freundliche Sikh der uns gefahren hat, hat sich bereit erklärt uns soweit wie möglich dorthin zu bringen, doch, so ließ er uns wissen wäre es sehr voll dort, und bis ganz auf den Hügel zu fahren wäre ein Ding der Unmöglichkeit. Nach einer kurzen Fahrt, auf der ich ihn noch zum Sikh-Sein in Malaysia ausgequetscht habe -  namentlich gibt es keine offiziellen Sikh-Feiertage, weil die Angehörigen dieser Konfession (am Turban, den ungeschnittenen Haaren, einen Stahlarmreif am rechten Arm, einem Holzkamm - und wenn man mal einen auszieht an der speziellen Unterhose erkennbar) eine zu kleine Minderheit darstellen - erreichten wir den menschenbesäumten Fuß des Hügels.
Tatsächlich war die Straße auf den Hügel hinauf völlig mit Autos zugeparkt und so sind wir also die letzten schweißtreibenden Meter zu Fuß gegangen. Dabei waren wir in einer Masse von ebenfalls herkommenden Chinesen zwei der gesichteten fünf Weißen (wobei einer offensichtlich mit einer Chinesin verheiratet war). Weiter oben hatten sich Essstände am Straßenrand ausgebreitet und von Ferne konnte man schon den Schimmer der roten Laternen erkennen, die in Vielzahl im und um den Tempel angebracht worden sind. Vor dem Tempel finden sich Skulpturen der zwölf Tiere des Tierkreises, an diesem Abend jedoch umgeben von einer von innen angestrahlten Bande von anderen Figuren, am prominentesten eine etwa fünf bis sechs Meter hohe aufblasbare Ratte. Rechts vor dem Tempel eine Bühne, auf dem die eingeladene chinesische Tanz- und Akrobatikgruppe später ihre Tänze präsentierte, oder beleibte Männer Reden hielten.
In der Veranstaltungshalle im Hochparterre wurde der, von einem kostümierten Darsteller gegebene Gott des Wohlstandes von kreischenden Kindern und sich amüsierende Erwachsenen umringt, die alle möglichst einen der ausgegebenen roten Umschläge (hong bao auf Mandarin) mit etwas Geld drin erhaschen wollten. Diese Umschlägchen werden außerhalb des Tempels von verheirateten und älteren an unverheiratete und jüngere Menschen ausgegeben. Vor der Bühne saß eine Gruppe von etwa sechs buddhistischen Mönchen auf einer kleinen Tribüne - sie segneten später die Schlange der vorbeigehenden Gläubigen mit heiligem Wasser aus großen Schüsseln mittels eines Art Besens, denn sie für jeden wieder neu mit Wasser benetzten. Im Tempel oben waren die Menschen indes mit Beten und dem Aufstellen von Räucherstäbchen beschäftigt - auch gibt es hier einen Brunnen, darstellend eine Göttin deren aus den Händen fließendes Wasser zwischen den Händen verrieben wird - was dabei erhofft wird weiß ich nicht. Zwischendrin in dem ganzen Wühle bildete sich eine Art Polonese angeführt von etwa fünfzehn Mönchen und Nonnen, die jeder ein Instrument in der Hand musizierend und singend, und eine Schar von barfüssigen Gläubigen hinter sich in Kreisen durch den Tempel prozessierten.
Wir setzten uns auf der Dachterrasse fest, um den Countdown (vermutlich eine gute Möglichkeit die Zahlen zu lernen, aber ich war zu langsam um Notizen zu machen) um Mitternacht und das darauf folgende fulminante Feuerwerk mitzuerleben. Dass die Chinesen als Erfinder des Schwarzpulvers ein vermutlich recht geübtes Händchen beim Rumböllern haben würden war klar, die Explosionskraft der Raketen hat uns dann aber doch überrascht: die ca. 30 Meter zwischen uns und der Explosion waren ließen die Druckwellen und den Krach gut aushalten, mit Raketen deutscher Bauart hatte das aber definitiv nichts mehr zu tun. Und schön war's ohnehin. Wir haben nur an einer anderen Stelle in der Stadt noch ein anderes Feuerwerk gesehen, vermutlich ist die Feuerwerkskörperpolitik etwas restriktiv hier - wie glaube ich auch in China selbst.
Danach wurden unsere Augen, unterbrochen nur von einem kahl geschorenen, in goldener Chinaseide gehüllten, dem Tonfall nach schmierige Kommentare über die Tänzerinnen ablassenden Moderator von zuvorletzt genannten auf dem Aufführungsort festgehalten. Nicht nur waren die aufgeführten Tänze alles sehr verschieden und graziös vorgetragen sondern - wie soll ich es ausdrücken - die Tänzerinnen waren auf die Entfernung ganz reizend (man muss immer noch das festgetackerte Grinsen und die Verkleidung sich wegdenken). Dementsprechend sind alles, so auch wir nach Ende des letzten Ringelreihens nach Hause aufgebrochen.

Und obschon wir durch Penang ein wenig vorbereitet waren auf das Kommen dieses großen Festes, es ist ja noch nicht mal in irgendwelchen deutschen Nachrichtenportalen verzeichnet, obwohl eine geschätzte Milliarde Menschen es jedes Jahr zelebrieren (!), sind wir noch zu Hause vor Abfahrt nicht richtig in Sylvesterlaune gewesen. Hat sich erstaunlicherweise aber geändert. Es hat sich zeitweilig auf dem Tempel, mit dem Feuerwerk wie eine Sylvesternacht angefühlt (was es ja auch war). Mit anderen Worten: Ich habe schon zwei Sylvester und Neujahrstage drauf. Wer bietet mehr? In diesem Sinne: Gong Xi Fa Chai!

Der Tempel von vorne - links der kleine Garten mit den Tierkreiszeichen und den ganzen anderen leuchtenden Gestalten. Das große Ding mit dem roten Kopf ist die Ratte.
Na wenn das kein Glück bringt.
Leider zu dunkel für scharfe Fotos - egal, auf der Bühne links der Gott des Wohlstandes mit funklosem Mikrofon, darunter erkennbar an den kurzen Haaren und bräunlichen Roben die, das bunte Treiben stoisch aushaltenden Mönche.
Der Vorhof zum Tempel. 
Auf der Dachterasse.
Eine Rakete...

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